Reality Checks Teil I:

Endlich ein positiver Schwangerschaftstest

Nachdem unser erster Clomifen Zyklus wenig überraschend (damals wussten weder Aron noch ich irgend etwas über die Studienlage zu Schwangerschaftswahrscheinlichkeiten) gescheitert war hatte meine Gynäkologin den nächsten Zyklus ohne Eierstock Stimulation geplant. 
Sie hat mir den Grund dafür nie erklärt und ich habe nicht gefragt. Ich kann nur vermuten, dass sie testen wollte, ob ich auch ohne Stimulation einen Eisprung haben würde. 

Da ich zum damaligen Zeitpunkt noch nichts über NFP wusste und gerade erst am Anfang meiner Ovulationstest Karriere stand haben wir uns so etwa an der Zyklusmitte orientiert und daran, wann die Testlinie auf den Ovulationstests „am fettesten positiv“ war. 
Denn tatsächlich waren sie nahezu täglich positiv. Mal deutlicher, mal weniger deutlich. Aber so wie der Verlauf normalerweise sein sollte, wenn man eine Testreihe mit Ovus macht – dass zunächst die Testlinie kaum sichtbar ist, dann ein klein wenig deutlicher wird, aber trotzdem immer noch blass bleibt bis sie schließlich von einem auf den anderen Tag feuerrot ist und dann wieder verblasst – so war es bei mir nie. Mein LH Wert war immer zu hoch, meine Ovus waren zu sensibel und ich war zu unerfahren um zu wissen was ich tat. 

Wenn man aber nicht weiß, dass man keine Ahnung hat und denkt, dass man alles richtig macht, kann es nur in einer Katastrophe enden. Das ist ein bisschen so, wie wenn man dumm ist. Oder tot. Es ist nur für die anderen schlimm. Aber man selber bekommt es nicht mit. Etwa so war dieser Zyklus für uns. 

Wir machten also wieder brav unsere Hausaufgaben und da ich – ich gebe es offen zu – ein hoffnungsloses Werbeopfer bin und besonders gewissenhaft vorgehen wollte, war völlig klar, dass ich nur mit Clearblue testen würde. 
 Also hatte ich schon zu Beginn des Zyklus in einer Online Apotheke – vorsichtshalber mehrere – Clearblue Ultra Frühtests bestellt. 6 Tage vor Fälligkeit der Periode sollte dieser Test eine Schwangerschaft anzeigen und da ich die Ungeduld in Person bin, war nur dieser der perfekte Test für mich. 

Dachte ich jedenfalls. Denn was dann passierte hätte ich mir niemals vorstellen können. 

Es war endlich soweit. Meine Periode war nur noch sechs Tage entfernt und ich war schon am Vorabend so aufgeregt gewesen, dass ich nachts kaum hatte schlafen können. Ich zwang mich im Bett liegen zu bleiben, nicht auf die Toilette zu gehen und versuchte irgendwie die Nerven zu behalten bis ich endlich am Morgen würde testen können. 

Ich werde diesen Tag nie vergessen.

Gegen 6 Uhr hielt ich es nicht mehr aus und schlich ins Badezimmer. Trotz, dass ich mir die Nacht um die Ohren geschlagen und im Grunde nicht geschlafen hatte war ich hellwach. Ich legte mein Handy schon mal bereit um einen Timer laufen lassen zu können, hatte einen kleinen Becher bereitgestellt und den Test fein säuberlich danebengelegt. Und obwohl ich die Packungsbeilage bereits am Vorabend genauestens studiert hatte, las ich sie mir nochmal so aufmerksam durch als würde mein Leben davon abhängen. 

Schließlich führte ich den Test ordnungsgemäß durch und anstatt ihn einfach liegen zu lassen und erst drauf zu schauen, wenn der Timer nach drei Minuten piepte, starrte ich ihn unaufhörlich an. 
Ich beobachtete gespannt wie sich die Farbe durch das kleine Fenster zog und die Kontrolllinie langsam ein kräftiges Blau annahm. 

Noch zweieinhalb Minuten auf der Uhr…

Und dann passierte es. Ich traute meinen Augen kaum. Da bildete sich doch gerade eine zweite Linie oder war ich blöd?!? Ich schaltete ein zusätzliches Licht an und versuchte mit meinen übermüdeten Augen das Testfenster zu fokussieren um ein scharfes Bild zu sehen. Keine Chance. „Ich brauch meine Brille!“

Ich lief ins Wohnzimmer, fand meine Brille auf dem Esstisch und setzte sie hastig auf. „Aaaaah. Viel besser!“

Ich raste zurück Richtung Bad und erinnerte mich während dieses drei-Sekunden-Weges, dass das Licht im Wohnzimmer ja viel heller war, also schnappte ich mir den Test, hetzte wieder zurück und platzierte mich direkt unter der der Esstischlampe.

Ja. Da war eine zweite Linie auf dem Test. Ich war nicht verrückt. Ich war schwanger. Oder?!? Ich konnte es nicht glauben. Die Testlinie war blass, aber sie war auf jeden Fall da. Oder?!? Ja! Ich konnte sie sehen. Und es war ja auch noch sehr früh. In sechs Tagen war ich erst fällig…ungläubig schlug ich eine Hand vor den Mund…“oh mein Gott. Oh Mein Gott. OH MEIN GOTT!! Ich bin schwanger!“ 

Ich konnte die Augen nicht von diesem Test lassen. Immer wieder starrte ich die zwei Linien an, lief von einem Zimmer ins andere, immer auf der Suche nach der besseren Lichtquelle um mir selber zu bestätigen, dass ich nicht halluzinierte. 

Die Sonne war schon lange aufgegangen und ich saß noch immer im Schlafanzug auf dem Sofa, nahm ein Foto nach dem anderen auf um die zartblaue Testlinie bestmöglich festzuhalten. 

Aron schlief noch und obwohl ich selber kein Auge zugemacht hatte stand ich völlig unter Strom. Ich konnte mich unmöglich nochmal hinlegen, also beschloss ich mich in Ruhe fertig zu machen und anschließend würde ich zu meiner Freundin rüber gehen und ihr den Test zeigen. Sie hatte zwei Hunde und war immer schon sehr früh auf um ungestört im Wald Gassi gehen zu können. 

Gegen 10:30 Uhr bekam ich sie endlich ans Telefon und sagte ihr, ich müsste ihr unbedingt etwas zeigen. Sie war eigentlich gerade auf dem Sprung zum Supermarkt, hörte aber die Aufregung in meiner Stimme. „Ja, komm rasch rüber“ sagte sie besorgt und ich schnappte mir den Test und eilte zur Tür hinaus. 

Conny hatte drei Kinder und wohnte nur zwei Häuser weiter. Sie erwartete mich schon vor der Haustüre. 

„Schau dir diesen Schwangerschaftstest an und sag mir ob ich Gespenster sehe!“ presste ich heraus und reichte ihr mit zitternden Händen den Test. 
„Ach Gott“ sagte sie, „ich seh doch so schlecht ohne Brille…aber ja. Der ist schwach positiv“ bestätigte sie mein Glück mit zusammengepetzten Augen und plötzlich fühlte ich mich so…anders. Erwachsen. Wie eine Frau. Wie eine Mutter. Wie jemand, der das zauberhafteste und wichtigste Geheimnis der Welt hütet…

„Was mach ich denn jetzt?“ Ich hatte keine Ahnung, wie es jetzt weitergehen würde….„Jetzt rufst du sofort bei deiner Ärztin an, holst dir ein Rezept für Progesteron und machst einen Termin zur Schwangerschaftsfeststellung!“

Gesagt. Getan. Als ich gegen 11 Uhr in der Praxis ankam war das Rezept schon zur Abholung bereit und die junge Frau an der Rezeption sagte mir, dass ich sofort mit der Einnahme beginnen sollte. Eine Kapsel täglich vaginal. Den Ultraschall könnten wir aber erst in zwei Wochen machen. Dann wäre ich in der 6. Schwangerschaftswoche und vorher würde man noch nichts erkennen. Wir vereinbarten also den Termin und ich verließ überglücklich die Praxis.
 
Auf dem Heimweg steuerte ich die nächste Apotheke an und präsentierte der überraschten Apothekerin stolz mein Rezept – und den Schwangerschaftstest. Ich beugte mich über den Tresen zu ihr herüber und flüsterte: „Sehen Sie die zweite Linie auch?“ Sie sah mich etwas irritiert an, nahm den Test aber in die Hand und sagte schließlich: „Ja. Ist zwar etwas hell, aber ich seh die Linie deutlich.“

Das war alles was ich wissen musste. Eine mir völlig fremde Person, die absolut nichts davon gehabt hätte mir diese Freude zu machen bestätigte mir, dass da wirklich zwei Striche auf diesem Test zu sehen waren. 

Überglücklich fuhr ich nach Hause und traf Aron in seinem Büro vor dem Computer an. Ich kletterte auf seinen Schoß, schlang die Arme um ihn und da fiel mir plötzlich auf, dass ich überhaupt nicht darüber nachgedacht hatte, wie ich es ihm sagen sollte. Ich hatte keine Ahnung…

“Du Schatz…“ fing ich kleinlaut an…“Hmmm?“ war seine eloquente Reaktion während er an mir vorbei auf seinen Bildschirm starrte. „Ich hab heute Morgen einen Schwangerschaftstest gemacht…und der war…irgendwie positiv“ strahlte ich ihn an. 
Jetzt hatte ich seine volle Aufmerksamkeit. Er sagte nicht viel aber ich konnte in seinem Gesicht sehen, dass er absolut schockiert war und schließlich würgte er hervor: „Siehst du. Ich hab dir doch gesagt, das wird schnell gehen!“

Er malmte die Kiefer aufeinander und ich war maßlos enttäuscht von seiner Reaktion. Die nächsten zwei Wochen bis zum Termin sprachen wir kaum über das Thema. Ich hatte tatsächlich das Gefühl, dass er die Schwangerschaft völlig verdrängte. Er war restlos überfordert mit der Situation und die Zeit bis zum Feststellungstermin zog sich wie Kaugummi…
Sags weiter:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert