Ovulationstests, Utrogest, Clomifen und die Erkenntnis, dass ich von nichts eine Ahnung hatte
Sehr schnell nach unserem Tofu-Edamame-wir-hören-jetzt-auf-zu-verhüten-und-lassen-es-mal-auf-uns-zukommen-Gespräch beschloss ich, dass wir es NICHT einfach nur auf uns zukommen lassen würden.
Ich wollte lieber auf Nummer sicher gehen und die Dinge selber in die Hand nehmen.
Allerdings hatte ich mich bis zu diesem Zeitpunkt nie mit den Hilfsmitteln beschäftigt, die der Kinderwunschmarkt so zu bieten hat und, offen gestanden, hatte ich auch überhaupt keine Ahnung, dass es sowas wie Ovulationstests oder Basalthermometer überhaupt gibt – und hätte ich es gewusst, wäre mir nie niemals gar nie nicht in den Sinn gekommen, dass ausgerechnet ich diese Hilfsmittel irgendwann benötigen könnte.
In der Schule hatte ich vor Urzeiten gelernt, dass man unbedingt verhüten muss, weil man sonst auf jeden Fall sofort schwanger wird und das Kind dann im Grunde schon so gut wie da ist. Deswegen hatte ich die letzten 19 Jahre nahezu durchgehend und fast schon wie von einer Baby-Paranoia getrieben die Pille genommen – ob ich sie nun tatsächlich gebraucht hatte oder nicht.
Da wir nun offiziell versuchen wollten schwanger zu werden, hatte ich die Pille schon mal abgesetzt. Zeitgleich erzählte mir eine Freundin, die auch gerade versuchte ein Baby zu bekommen, dass sie ihren Zyklus jetzt mit Mönchspfeffer auf Kurs bringen und mit Ovulationstests tracken würde. „Aha?“ brachte ich voller bewundernder und völlig unwissender Neugier hervor „Erzähl mir alles darüber!“.
Sie sagte mir, dass sie – sollte sie diesen Monat nicht schwanger werden – eine Kinderwunschklinik aufsuchen würde. Sie wäre kurz vorm verzweifeln, war gerade im 3. Übungszyklus und in meiner damaligen unbedarften und naiven Wahrnehmung der Inbegriff des unerfüllten Kinderwunsches, also ließ ich mich von ihr genauestens in die Welt der Ovulationstests einführen.
Jedenfalls glaubte ich das. Heute weiß ich, dass sie eigentlich von Tuten und Blasen überhaupt keine Ahnung hatte, aber leider kann ich nicht mehr in der Zeit zurückreisen um das meinem 35-jährigen Ich zu sagen.
Sie wurde in diesem Zyklus schwanger.
Ich kaufte derweil auf Amazon eines der 50er Packs David Ovulationstests – ohne überhaupt zu wissen, dass man die mit der für sein LH Level geeigneten Sensibilität benutzen muss. Dass ich die Pille abgesetzt hatte, war inzwischen schon eine ganze Weile her und so startete ich gleich mit den Tests, die zu meiner Verwunderung sofort fett positiv waren.
Aron und ich hatten ein…sagen wir mal…sehr gut und regelmäßig stattfindendes Liebesleben und ich dachte im ersten Moment, als ich den positiven Ovu sah, bei mir: „Ach…wahrscheinlich hast du dich nur unnötig verrückt gemacht. Scheint ja doch alles in Ordnung zu sein.“ Plötzlich war ich beseelt von der Wahnvorstellung über die Maßen fruchtbar zu sein und, dass ich wahrscheinlich doch sehr schnell schwanger werden würde. Wenn ich heute darüber nachdenke, kann ich es nicht fassen, wie blauäugig ich war.
Tatsächlich entwickelte ich sehr schnell eine Art Besessenheit vom Testen, machte weiterhin täglich Ovus und jeden Tag aufs Neue waren sie dick und fett positiv. In meiner damaligen Unwissenheit hatte ich keine Ahnung, dass das nicht normal ist.
Als meine Periode sich nähern sollte nahm die Katastrophe ihren Lauf…natürlich besorgte ich gleich mehrere Schwangerschaftstests ohne überhaupt zu wissen welche Sensibilität sie hatten (kein einziger war ein Frühtest) und ob ich sie zu diesem Zeitpunkt überhaupt schon verwenden konnte. Und natürlich machte ich direkt beim allerersten Test Bekanntschaft mit der gefürchteten Verdunstungslinie. Das war der Anfang meiner Google-Terror-Karriere.
Ich fand mich nach einigen Tagen damit ab, dass ich nicht schwanger war und zu meiner grenzenlosen Verwunderung musste ich feststellen, dass ich mit dem berühmten 28 Tage Zyklus nicht das Geringste zu tun hatte. Im Gegenteil.
Es war einige Zeit ins Land gegangen und meine Periode war inzwischen fast drei Monate überfällig. So langsam war es Zeit meine Gynäkologin aufzusuchen. Als sie mich im Behandlungszimmer fragte an welchem Zyklustag ich denn wäre, und ich mit „87“ antwortete, erstarrte sie wie zu Eis.
Ich kletterte zur Untersuchung auf ihren Stuhl und das ernüchternde Ergebnis war, dass da einfach nichts zu sehen war. Keine Follikel. Kein Eisprung. Keine Schleimhaut.
Sie sagte mir, dass da auch in absehbarer Zukunft nicht mit einer Blutung zu rechnen sei - denn…was sollte auch ab bluten?!? – und, dass sie gerne eine Blutuntersuchung machen würde um meinen Progesteron Wert zu bestimmen.
Progesteron. Wieder so ein Begriff, von dem ich noch nie gehört hatte.
Sie erklärte mir, dass Progesteron das Hormon sei, ohne das eine Schwangerschaft überhaupt nicht möglich ist und, dass der Wert so zwischen 10 und 15 liegen sollte. Heute weiß ich, dass das nur die halbe Wahrheit ist, aber für den damaligen Zeitpunkt gab ich mich mit dieser Antwort zufrieden.
Als das Ergebnis nach einer Woche zurückkam und der Wert bei 0,7 lag war sogar mir klar, dass das nichts Gutes bedeuten konnte. Meine Ärztin sagte mir, dass das so nichts werden könnte. Sie verordnete mir eine Utrogest Kur und sagte, dass das Zyklus-Durcheinander vermutlich an meiner langen Pilleneinnahme lag und wenn ich drei Monate lang täglich eine Kapsel vaginal einnehmen würde, sollte sich mein Zyklus hoffentlich nochmal einpendeln.
Und so schien es auch zu sein. Etwa 14 Tage später setzte endlich eine Blutung ein. Die nächste Blutung kam 23 Tage später und die darauffolgende wiederum 31 Tage später. Dann 21 Tage. Es war jedenfalls so eine Arzt Zyklus erkennbar und im August 2020 war es endlich soweit.
Ich hatte im Internet von der Stimulation mit Clomifen gelesen und meine Ärztin darauf angesprochen. Sie war da total offen und sagte sofort, dass wir das gern versuchen könnten.
Ende August teilte sie mir dann bei der Follikelkontrolle mit, dass alles sehr gut aussehen würde und der Eisprung wohl noch etwa 3-4 Tage dauern würde. Wir sollten die Zeit jetzt nutzen und dann in zwei Wochen einen Schwangerschaftstest machen.
Und natürlich machten wir brav unsere Hausaufgaben, die aber leider ins Leere liefen. Im nächsten Zyklus sollten wir es dann mal ohne Clomifen versuchen.
Die Hitzewallungen häuften sich zu der Zeit und ich hatte noch immer keinen Schimmer womit ich es da zu tun hatte. Ich war so naiv und unerfahren. Und so ahnungslos.
Ich glaube, ich dachte einfach, dass mir halt nur öfter mal sehr heiß ist. Aber ich dachte mir sonst wirklich überhaupt nichts dabei und startete voller Hoffnung in den neuen Zyklus – nicht ahnend, dass der Clearblue Test, den ich diesen Zyklus machen würde, mein Leben für immer verändern und alles auf den Kopf stellen sollte.