Eine veraltete Sichtweise, eine interessante Erkenntnis und eine neue Klinik

Es ist eben nicht aller Abschied schwer…

Das Gespräch mit der Klinik in Spanien hatte uns völlig neue Wege und Möglichkeiten eröffnet. 
Dieser unbeschreiblich menschliche, kompetente und aufrichtig am Wohlergehen seiner Patienten interessierte Arzt hatte unserem totgesagten Kinderwunsch wieder neues Leben eingehaucht. 

Am liebsten hätten wir sofort alles in die Wege geleitet um gleich mit der Behandlung starten zu können, doch zunächst musste leider ein nicht unerheblicher Faktor geklärt werden: die Kosten. 

Bisher hatten wir die Ultraschalluntersuchungen und Medikamente auf Kasse bekommen und es mit Verkehr nach Plan versucht, aber die Klinik in Spanien war eine Privatklinik und geplant war neben der PRP auch eine ICSI. 

Die Kosten für Kinderwunschbehandlungen sind ja im Allgemeinen und ohnehin so ein Thema für sich. 
Katastrophale und völlig veraltete Gesetzesregelungen diskriminieren ja im Grunde genommen alle möglichen Beziehungsformen und zwingen einen großen Teil der Betroffen 100 % der Kosten selber aufzubringen, was nicht selten dazu führt, dass die so dringend nötigen Behandlungen nicht durchgeführt werden können. 
Denn diese tausende von Euros haben die wenigsten zur freien Verfügung einfach so rumliegen. 

Eine Übernahme der Kosten ist nämlich nur den unter 40 jährigen, heterosexuellen und verheirateten Paaren vorbehalten. Alle anderen haben leider Pech und müssen alles selber bezahlen – und wenn ihnen das nicht möglich ist, können sie leider auch keine Familie werden. 

So auch in unserem Fall. Wir sind (noch) nicht verheiratet und hatten so viel Geld nicht auf einmal. Und die Krankenkasse hätte auch die Kosten im Ausland – nötig hin oder her – nicht übernommen. 

Selbst meine private Zusatzversicherung hat unseren Antrag abgelehnt und das obwohl ich der „Verursacher“ unseres unerfüllten Kinderwunsches bin.
Begründet wurde die Ablehnung übrigens damit, dass meine Eierstöcke nicht mehr gut genug arbeiten. Das, so die Versicherung, wäre aber die Voraussetzung für die Übernahme der Kosten. 

HÄ?!? Wenn meine Eierstöcke richtig arbeiten würden, bräuchten wir doch die Behandlung überhaupt nicht… WTF?!?

Soweit mein kleiner und leicht emotionsgeschwängerter Exkurs in die Welt der Kostenübernahmen – oder besser gesagt, deren Ablehnungen. Aber zurück zum Thema: Wir. Spanien. PRP Behandlung.

Ja klar, es gab diese Pauschalpakete, die man buchen konnte und das machte es alles etwas günstiger als es in Deutschland war, aber dennoch lagen die Kosten – wenn der Plan, den der Arzt gemacht hatte, aufging – bei 3.400 Euro allein für die Behandlung. Dazu kamen Flug, Hotel und Verpflegung in Spanien…

Wir brauchten etwas Zeit um Geld auf die Seite zu legen und so besprachen wir mit Spanien, dass wir solange bis wir das Geld zusammen hatten, noch die Behandlung in unserer alten Klinik weiterführen würden, damit wir die Zeit nicht ungenutzt vergeudeten, denn in meiner Situation zählt leider jeder Monat. 

Die Zeit rinnt uns ja nur so durch die Finger und jeder Zyklus, in dem wir nicht schwanger werden, ist eine Katastrophe, weil meine Wechseljahre immer weiter fortschreiten – und das in einem Affenzahn.

Für Spanien war das kein Problem. Sie sagten, wir sollten uns einfach melden, sobald wir soweit wären und dann könnte es auch schon relativ schnell losgehen mit der Planung, was uns irrsinnig beruhigte. 

Mit den Worten unseres spanischen Arztes im Ohr startete ich also in einen weiteren Zyklus mit der alten Klinik – und mit Bauchweh, denn ich wusste, das konnte eigentlich nicht gutgehen, aber anders war es gerade ja auch nicht möglich. 
Ich hatte gerade die Wahl zwischen einer schlechten Behandlung und gar keiner Behandlung. Im Grunde zwischen Pest und Cholera.  Aber einen Tod muss man ja sterben… 

Ich hatte glücklicherweise einen Antralfollikel, der eine Stimulation erlaubte, und ich flehte den Arzt an, die Stimulation diesmal höher anzusetzen. Widerwillig ließ er sich auf 100 Einheiten Gonal f ein und ich beschloss heimlich 50 Einheiten mehr zu spritzen. 

Ich dachte mir, wenn mein Arzt in Spanien mir 300 geben wollte, dann würden 50 Einheiten mehr sicherlich nicht schaden, bestimmt aber Aufschluss darüber geben ob seine Theorie stimmte und eine höhere Dosis zielführend wäre. 

Und interessanterweise sprach mein Follikel auch bombig auf die höhere Dosis an, sodass der Arzt sich bei der nächsten Kontrolle bereit erklärte die Einheiten nochmal zu erhöhen – auf sagenhafte 112,5. *Ironie Ende*
Ich behielt aber meine Taktik bei und spritzte jedes Mal 50 Einheiten mehr als mir verordnet worden waren, doch leider lief dieser Zyklus trotz Eisprung ins Leere. 

Im Nächsten Zyklus gestand er mir dann 125 Einheiten zu, was für mich bedeutete, dass ich 175 Einheiten spritzen würde. 
Es funktionierte einwandfrei. Mein Follikel hatte zur Zyklusmitte eine Größe von 19 mm und so wurde mit Ovitrelle der Eisprung ausgelöst. 

Als wir die Klinik später verließen und ich meine Patientenakte anforderte fand ich den Vermerk der Klinik auf meinem Stimulationsplan aus diesem Zyklus: „Bisher erster Zyklus intakter Follikelreifung.“

Interessant. 

Leider weigerte die Ärztin, die mir die Auslösespritze verordnet hatte, sich aber mir gleichzeitig auch Progesteron zu verschreiben. Ich hatte sie darum gebeten, weil ich aus all den Zyklen und Blutuntersuchungen in der Vergangenheit wusste, dass ich zu einer Gelbkörperschwäche neige, aber ihre qualifizierte Antwort war: 

„Nein, Progesteron ist nicht nötig. Erstens sind die Chancen ohnehin nicht gut und zweitens könnten wir dann in einer Woche ja nicht sehen, ob der Eisprung auch wirklich stattgefunden hat. Wenn sie jetzt Utrogest nehmen verfälscht das ja die Progesteron Werte im Blut…“

ALTER! 

Ich war so perplex über diese Einstellung und wieder einmal so demoralisiert und schockiert über die Worte mit denen ich an diesem Tag aus der Klinik entlassen wurde, dass ich wie auf Autopilot mit meinem Ovitrelle Rezept die nächste Apotheke ansteuerte und erst als ich schon zu Hause war kam mir ein Gedanke…

„Wenn sie jetzt Utrogest nehmen verfälscht das ja die Progesteron Werte im Blut“, hatte sie gesagt. 

Aber warte mal! Das heißt ja im Umkehrschluss, dass denen wichtiger ist zu sehen ob ich überhaupt einen Eisprung hatte, als die Tatsache, dass zu wenig Progesteron eine mögliche Einnistung verhindert! Das kann doch alles nicht wahr sein!

Eine Woche später sollte ich zur Blutabnahme in die Klinik kommen, damit der Progesteron Wert bestimmt und der Eisprung bestätigt werden konnte. 
Ich war schon leicht angesäuert in die Klinik gefahren, weil ich es immer noch nicht fassen konnte, dass sie sich tatsächlich geweigert hatte, mir Utrogest aufzuschreiben. 

Als dann nachmittags der Anruf aus der Klinik kam wäre ich vor Wut fast durchs Telefon gekrabbelt, als die Frau am anderen Ende sagte: 

„Ja, Frau Sauber, sie hatten auf jeden Fall einen Eisprung. Allerdings ist Ihr Progesteron grenzwertig niedrig bei nur 8.“

Ach was! 

„Könnten Sie vorbeikommen und ein Rezept abholen? Sie sollen heute noch mit der Einnahme beginnen und dann täglich 600 mg nehmen, hat der Arzt gesagt.“

Fast wäre ich geplatzt vor Wut. Ich konnte das alles nicht glauben. Das war doch die reinste Farce. 

Natürlich bin ich hingefahren um das Rezept abzuholen und natürlich nahm ich die Kapseln ein, aber natürlich war es inzwischen auch viel zu spät und alle Rettungsversuche mit einer derart hohen Dosis halfen nichts mehr. 

Wir mussten in einen neuen Zyklus starten. Schon wieder. 

Da der letzte Zyklus so gut gelaufen war beschloss der Arzt, dass wir diesmal wieder alles genauso machen würden wie im vergangenen Zyklus – mit Ausnahme der Utrogesteinnahme. Die sollte ich jetzt direkt starten. 

Aber leider sollte es anders kommen, denn diesmal zeigte mein Körper keinerlei Ansprechen auf die Stimulation. 

Ich hatte die Nase so voll. Arons Nerven lagen auch so langsam ziemlich blank und so war es der reinste Segen, dass wir das Geld für die PRP in Spanien endlich zusammen hatten. 

Völlig genervt und entkräftet, aber gleichzeitig auch voller Hoffnung rief ich in Spanien an und teilte unserer zauberhaften Betreuerin mit, dass wir endlich startklar waren. 

Ich hatte so viele E-Mails mit ihr hin und her geschickt in all den Wochen und Monaten und unzählige Telefonate mit ihr geführt…ich konnte durchs Telefon hören, wie sehr sie sich aufrichtig für uns freute, dass es endlich losgehen konnte. 

„Au wie fein“ flötete sie fröhlich ins Telefon. „Dann werde ich jetzt mit dem Arzt alles besprechen. Lass Du doch inzwischen einen Ultraschall bei Deinem Gynäkologen machen, damit wir wissen wo wir stehen und ob wir stimulieren können.“

Gesagt, getan. 

Den Termin hatte ich schnell bekommen und jetzt sah auch alles wieder gut aus. Mein Gynäkologe gab grünes Licht für die Stimulation und zog mir die gestochen scharfen Ultraschallbilder auf einen USB-Stick, damit ich sie nach Spanien schicken konnte, wo die Qualität der Bilder für wahre Begeisterungsstürme sorgte. 

In einem weiteren Video Call mit einem der Ärzte aus Spanien konnten wir nochmal alles im Detail durchgehen, all unsere Fragen loswerden und das genaue Vorgehen, das jetzt auf uns zukommen würde, besprechen. 

Mit 300 Einheiten Gonal f sollte ich stimulieren. Sie würden mir das Rezept dafür per Mail zuschicken, mein Gynäkologe, hier zu Hause, würde die Ultraschall Kontrollen durchführen und mir die Bilder zur Übermittlung für Spanien zur Verfügung stellen. 

Sollten da Eizellen in den Follikeln sein, dann würden sie auch auf die Stimulation ansprechen und die würden sie dann auch entnehmen, zeitgleich mit der PRP Injektion. 

Da in meinem Fall, trotz der hohen Stimulationsdosis nicht mit einer hohen Anzahl an Follikeln zu rechnen war, würden Sie uns nur den Paketpreis für die ICSI Naturelle in Rechnung stellen – obwohl wir so viel stimulieren sollten. 

Wir fanden das wirklich entgegenkommend und unwahrscheinlich lieb von der Klinik. Wir hatten das Gefühl als Patienten und wirklich als Paar mit Kinderwunsch im Fokus zu stehen. Wir hatten endlich nicht mehr das Gefühl, dass wir lästig waren weil wir der Klinik keinen Umsatz einbrachten, wie es bisher immer der Fall gewesen war…

Endlich fiel ein bisschen von all dem Druck und Stress der letzten Monate und Jahre von uns ab. Wir hatten das Gefühl, dass es endlich voran ging – und vor allem, dass wir endlich ernst genommen wurden. 

What a feeeeeeling!
Sags weiter:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert