„Kein Mann auf der Welt wird dich je schwanger kriegen. Nicht mit deinen eigenen Eizellen“, hatte der Arzt gesagt. Er hatte noch zugefügt, dass wir doch am besten einfach ins Ausland fahren und eine Eizellspende in Anspruch nehmen sollten.
Der Vollständigkeit halber hatte er mich aber untersucht und mir dann gesagt, dass – wie zu erwarten gewesen war – in meinen Eierstöcken keinerlei Tätigkeit erkennbar wäre. Sie bildeten keine Follikel aus.
Aber das konnte nicht die Lösung sein. Nicht für mich. Ich wollte dieses Todesurteil für meine Fruchtbarkeit nicht annehmen und begann zu recherchieren.
Im Internet fand ich eine Seite die von Studien berichtete, die damals in Spanien und Griechenland durchgeführt wurden und in deren Zuge Frauen in der Menopause wieder furchtbar gemacht werden konnten.
Das Verfahren wurde als Eierstockverjüngung bezeichnet und sollte mittels PRP (= Plättchenreiches Plasma) durchgeführt werden.
Es steckte noch in den Kinderschuhen und die Anzahl der Probandinnen war nicht hoch, aber die Studienergebnisse reichten völlig aus um mich zu überzeugen, dass ich diese Behandlung brauchte.
Man hatte – in aller Kürze und Einfachheit gesagt – in den Studien Frauen wieder in die Fruchtbarkeit zurückgeholt, nachdem sie die Menopause teilweise sogar vollständig durchlaufen hatten.
Manche Frauen waren anschließend sogar spontan schwanger geworden, die meisten jedoch durch eine zusätzliche künstliche Befruchtung.
Ich war völlig on fire und absolut begeistert doch die Tatsache, dass das Verfahren in Deutschland noch nicht zugelassen war und die ernüchternden Kosten für diese Behandlung im Ausland von ca. 10.000 Euro ließen mich den Gedanken schnell wieder verwerfen. Ich habe ihn aber nie vergessen…
Es musste also einen anderen Weg geben…Tage und Nächte schlug ich mir am Computer und über Büchern um die Ohren, stieß im Internet immer wieder auf die gleichen Seiten, las alles nochmal durch, setzte mich mit Erfahrungsberichten anderer Frauen auseinander, denen die gleiche Diagnose zuteil geworden war und schließlich stieß ich auf SIE: Rebecca Fett und ihr Buch „It starts with the egg“.
Auf Deutsch wurde es veröffentlicht unter dem Titel „Am Anfang ist das Ei“. Es sollte meine Bibel werden und alles für mich verändern.
Rebecca Fett ist Biochemikerin und hat zusätzlich einen Universitätsabschluss in molekularer Biotechnologie. Sie war ebenfalls mit einem niedrigen AMH Wert diagnostiziert worden und hat sich ihr Wissen und den durch ihren Beruf möglichen Zugang zu sämtlichen – teilweise unveröffentlichten – medizinischen Studien zu Nutze gemacht um ein Konzept zu entwickeln mit dem man seinen Eizellen auf die Sprünge helfen kann.
Sofort nachdem ich das Buch fertiggelesen hatte, bestellte ich sämtliche Nahrungsergänzungsmittel, die sie darin empfahl und ich konnte es nicht erwarten mit der Einnahme zu starten.
Es heißt, wenn man seine Eizellqualität verbessern will, dann dauert es ungefähr drei Monate bis ein Effekt eintritt. So lange, wie eben die Entwicklung einer Eizelle dauert.
Also stellte ich mich von vorne herein auf eine weitere Wartephase ein. Für mich der reinste Albtraum. Falls ich es noch nicht erwähnt habe: ich bin die Ungeduld in Person. Aber welche Wahl hatte ich schon?
Inzwischen waren fünf der sechs Monate im Projekt Hormonersatztherapie bereits vergangen und langsam spürte ich immer häufiger ein fieses Pieksen im linken Eierstock. Mir kam das komisch vor, also vereinbarte ich einen Ultraschalltermin in der Klinik, um sicher zu gehen, dass alles in Ordnung war.
Als ich dem Arzt erklärte, wie es sich anfühlte huschte ein erstaunter Blick über sein Gesicht: „Na, dann fangen die Eierstöcke wohl doch nochmal an zu arbeiten. Da schauen wir mal nach“, bereitete er mich auf die Untersuchung vor.
Doch seltsamerweise, sagte er, er könnte nach wie vor keine Aktivität der Eierstöcke feststellen und, dass er mir nicht sagen könnte, was dieses Pieksen verursachte. Jedenfalls wären da keinerlei Antralfollikel zählbar.
Es gab objektiv und rational gesehen keinen Grund weshalb ich in diesem Zyklus einen Schwangerschaftstest hätte machen sollen. Aber ich tat es. Ich weiß nicht genau, wie viele Tage nach dem Eisprung ich ihn gemacht habe, aber es muss früh gewesen sein, denn er zeigte nur eine hauchzarte blass rosafarbene zweite Linie.
Da ich noch etwas geschädigt von dem Clearblue Erlebnis war, wollte ich dem Frieden nicht so direkt trauen und teste noch einige Tage weiter. Jeden Tag war da eine zweite Linie sichtbar, aber sie wurde auch jeden Tag etwas blasser, weshalb ich mich nach fünf Tagen entschied einen Bluttest machen zu lassen.
Ich suchte also nochmal die Kinderwunschklinik auf und – nur um sicher zu gehen, dass ich nicht verrückt bin – nahm ich auch den ersten Test nochmal mit. Ich zeigte ihn der jungen Frau, die mir mein Blut abzapfte und sie bestätigte mir, dass sie die Linie auch deutlich erkennen konnte. Sie sagte, dass sie eine Notiz diesbezüglich in meiner Patientenakte eintragen würde und ich am Nachmittag einen Anruf bekäme, in dem man mir das Ergebnis mitteilen würde.
Als der Anruf kam sagte mir die Dame am Telefon, dass der Bluttest negativ wäre, die Kollegin aber notiert hätte, dass der Schwangerschaftstest positiv war. Sie würden so etwas eine Biochemische Schwangerschaft nennen. Dabei käme es zwar zur Befruchtung und zu einer kurzen Einnistung, doch der Embryo würde sich dann nicht weiter entwickeln und wieder abgehen.
Ich sollte nun bis zur Periode warten und mich dann am ersten Tag nochmal melden um einen Termin zu vereinbaren.
„Keine Follikel…am Arsch“ dachte ich.
Das Protokoll von Rebecca Fett schien also tatsächlich zu funktionieren. Ich beschloss ihm weiterhin zu folgen und von nun an meinen Recherchen mehr zu vertrauen, als meinen Ärzten.